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Watership Down: Kapitel 1: Efrafa

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Kapitel 1: Willkommen in Efrafa


»Alles ist ein Rätsel und der Schlüssel zu diesem Rätsel ist ein weiteres Rätsel.«
-Ralph Waldo Emerson

Leises Rauschen, das es mir unmöglich macht, klar zu denken. Es wird leis‘ ab und an unterbrochen, von einem hellen Piepsen. Es wird leiser. Der Gesang von Vögeln dringt an mein Ohr, und ich fange an, meinen Körper zu spüren. Er fühlt sich niedergestreckt an. Eine Windböe rauscht von hinten heran, und bringt mein Fell sachte in Bewegung, welches ich deutlich fühle. Mein Kopf, er schmerzt tierisch, aber das Rauschen ist verschwunden, und ich scheine wieder klar zu hören. Meine Augen sind geschlossen. Unkontrolliert zuckt plötzlich mein Hinterlauf und ich ziehe ihn an meinen Körper heran. Ich spüre, wie ich alle Viere von mir gestreckt liege. Auf einer Wiese.

Ich spüre langsam das kalte, leicht feuchte Gras an meinem Bauch. Ein schweres Gewicht scheint auf meinen Augenlidern zu liegen, und ich versuche dagegen anzukämpfen, und schaffe es, sie einen Moment anzuheben. Eine große Wiese, dessen einzelne Grashalme vom Wind gestreichelt zu werden scheinen. Hohes Gras umgibt mich. Ich blicke nach unten und sehe zwei Vorderpfoten. Es sind meine. Die linke ist schwarz, die rechte weiß. Ich muss lächeln, als schien es eine Erinnerung an etwas Bekanntes zu wecken. Langsam kehrt etwas Kraft in meine Muskeln zurück, und ich kann meine Vorderläufe langsam bewegen und über einige einzelne Grashalme streichen. Auch meine Hinterläufe kann ich zaghaft bewegen. Ich schlucke einmal, und reiße mich zusammen und hieve mein Gewicht auf die Hinterläufe. Leider war dies jedoch zu viel und ich falle wieder nach vorne, kann den Sturz aber mit meinen Vorderpfoten abbremsen. Endlich stehe ich. Etwas benommen zwar, aber ich stehe. Mein Blick schweift umher, und ich nehme die Umgebung nun einmal mit allen Sinnen wahr. Frische, jedoch leicht feuchte Luft in meiner Nase, rings herum nur Wiese, zu meiner rechten ein tiefer Wald. Außerdem dringt leises plätschern an meine Ohren, welches aus ihm zu kommen scheint. Ein tiefes, weit entferntes Grollen ist zu hören, zu meiner Linken kommt ein großes Gewitter, und der Wind trägt es direkt zu mir hin. Ohne mir weiter Gedanken zu machen, entscheide ich mich den Wald zu betreten, um nicht in den Sturm hineinzugeraten.

Nach einer Weile wird die Luft feuchter, und ich stehe vor einem kleinen, mir knöchelhohem, Fluss. Mein Mund ist ausgetrocknet, als hätte ich sieben Tage nichts getrunken, und ich gehe heran, und nehme einige Schlucke mit der Zunge aus dem Fluss auf. Dabei sehe ich mein Gesicht, zum ersten Mal. Ich höre auf zu trinken, und begutachte es. Die Spitze der Schnauze ist weiß, meine Ohren haben einen Verlauf ins Schwarze hin. Ich trete etwas ins Wasser und inspiziere den Rest meines Körpers, als ich plötzlich aus meinen Gedanken gerissen werde. Ein Rascheln, am anderen Ufer, das aus einem Gebüsch zu kommen schien. Es bewegt sich noch. Zu klein scheint der Busch für Elil zu sein. Ein anderes Kaninchen?

Vorsichtig durchstreife ich den Fluss und trete durch das Gebüsch. Ja. Ein anderes Kaninchen muss hier gewesen sein, der Geruch ist ganz frisch und deutlich zu vernehmen. Ich folge der Spur, die mich auf eine kleine Lichtung führt. Geblendet von den Sonnenstrahlen, als ich aus dem Dickicht des Waldes trete,  kneife ich für einen Moment die Augen zu, schreite aber voran. Als ich sie wieder öffnen kann, bleibe ich abrupt stehen und sehe ein anderes Kaninchen. Ein schwarzes Kaninchen, mit einer weißen Blässe auf dem Kopf. Nun bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich der Spur hätte folgen sollen. Wer war es? Wo war ich überhaupt hier? Und plötzlich schoss mir die wohl schrecklichste der bisherigen Fragen in den Kopf: Wer bin ich? Ich erinnere mich an gar nichts.
Ich schlucke einmal. Das andere Kaninchen stampft einmal laut auf, reißt mich aus den Gedanken und nickt mir zu. Eine Geste, so nehme ich sie auf, mich es nähern zu können. Ich entscheide mich, dies zu tun, und trete näher an es heran, und kann nun erkennen, dass es sich um eine Marlil handelt. Wortlos setze ich mich vor sie hin, und schaue ihr in die Augen. »Bist du ein Fremdling?«, fragte sie mit nahezu kindlicher Stimme, und sieht mich dabei mit einem durchdringendem Blick an. »Nun«, beginne ich, mich einmal umsehend, und dann ihren Blick erwidernd, »Ich kenne dich nicht, also würde ich mal sagen: Ja. Wir sind einander fremd.« Ich lächele sie an.

»Außenseiter!«, ein tiefer männlicher Schrei beendet quasi meinen Satz, und ein graues Kaninchen mit einer hellen Zeichnung im Gesicht, springt aus dem Busch hinter dem schwarzen Kaninchen hervor, direkt auf mich zu, überrollt mich, und drückt mich mit seinen Vorderpfoten zu Boden. Mit seinem Gewicht hält der kräftige Bock mich zu Boden gedrückt. »Im Namen von Efrafa, du bist verhaftet, Fremdling.«, spricht er im ernsten Tonfall zu mir herab, hält sein Gesicht auf Distanz zu meinem und stützt sich von mir ab. Ich kann sein Gewicht auf meiner Brust spüren, was mir das Atmen erschwert. Ich verstehe nicht ganz. Efrafa? Verhaftet? Ich hätte der Spur wohl nicht folgen sollen. Naja, zumindest waren es keine Elil. Auch wenn ich nicht ganz so recht verstand, was hier vor sich ging.

Ohne weiteren Ärger zu wollen nicke ich nur zaghaft und schlucke einmal tief. »Kein Grund zur Sorge«, gebe ich heiser von mir. Der Graue mustert mich, als er vom Rascheln des Busches unterbrochen wird, und einige andere Kaninchen hervortraten. Sie scheinen allesamt einen recht kräftigen Eindruck zu machen. Trainiert. Ich muss in der Nähe eines fremden Geheges sein, und dies hier sind wohl Mitglieder der Owsla.

»Wer seid ihr? Wieso verhaftet ihr mich?«, frage ich in die nun aus 6 Kaninchen bestehende Gruppe. Die schwarze Marlil beugt sich herunter und kommt mit ihrem Gesicht ganz nahe an meines und antwortet nur Monoton: »Black. Und du befindest dich auf dem Territorium Efrafas. Unserem Territorium. Denkbar schlechter Zeitpunkt, kleine Made.« Ich habe keine Zeit groß darauf zu antworten, als der Graue über mir sich wieder mir zuwendet »Wir eskortieren dich jetzt nach Efrafa. Dort wirst du alles Weitere erfahren. Mach uns keine Sperenzchen, klar? Komm!«, er herrscht mich an und lässt von mir ab. Kaum stehe ich wieder auf den Beinen werde ich von hinten rüde angestoßen, um in Bewegung zu kommen. Die Gruppe setzt sich in Bewegung und ich folge ihr, ohne groß Fragen zu stellen.

Wir laufen durch den Wald, als ich nach oben blicke sehe ich, wie das Gewitter uns eingeholt hat. Die Äste in den Kronen über uns tanzen wild, und das Grollen des Donners wird lauter und übertönt teilweise ihr Rascheln. Der Graue von vorhin wurde eben Hauptmann Moss genannt, als er Black lobte für ihre Arbeit, der General würde dies wohl gut heißen, sagte er beim Laufen. Wahrscheinlich mich gefangen zu nehmen.
Wir schreiten aus dem dichten Wald heraus, überqueren eine Brücke, an zwei Wache haltenden Kaninchen vorbei, und kommen an.
Eine umgekippte, riesige Eiche, deren Wurzeln sich in der Erde verfangen haben, bilden das Hauptaugenmerk. »Wir sind da«, merkt einer der Rammler hinter mir an. Wir betreten eine Grube, und bleiben vor einem Loch stehen, in der die schwarze Marlil und Moss verschwinden. Ich nutze den Augenblick um mich noch einmal abzulenken. Aufregung macht sich langsam in mir breit. Was passiert nun? Ich sehe mich noch einmal um und sehe eine Gruppe von Kaninchen, die am Fressen ist. Alle hoppeln nur sehr zaghaft, mit gesenktem Blick und angelegten Ohren. »Sind das auch Gefangene?«, frage ich einen der Owsla, der nahe bei mir steht. Er lacht nur einmal kurz auf und schüttelt dann zaghaft den Kopf.
Ich seufze einmal. »Das scheint ganz und gar nicht gut«, flüstere ich zu mir selbst. Ich schaue hoch, hinaus aus der Grube, und kann zwei Gestalten auf einer der höheren Wurzeln erkennen. Zwei Kaninchen. Eines mustert mich mit ernster Miene. Es hat eine interessante Färbung: Schwarzer Mantel, und braune Pfoten und Bauch. Das andere Kaninchen spricht mit ihm, während es mich weiter mustert.

»Reinkommen! Marsch!«, erklingt Moss aus dem Loch, in das sie eben gegangen waren. Ich blicke noch einmal zurück, als mich eine eisige Windböe erfasst und durch mein Hinterfell rauscht. Das Gewitter ist hier. Ich schlucke und setze mich in Bewegung, dem grauen Kaninchen folgend, um nicht wieder angestoßen zu werden. Wir betreten eine riesige Kammer, in der noch genügend Tageslicht von draußen gelangt. Allerdings wird die Luft mit jedem Schritt etwas feuchter, und teils muffig. Ein wenig Verstörend.
In der Mitte dieser riesigen Halle angekommen bleibt das graue Kaninchen stehen, und ich dahinter, sowie zwei der Owsla, die sich links und rechts von mir positionieren. »Der Gefangene, General«, beginnt es. Ich folge seinem Blick und kann nun auf einer hoch gelegenen Empore ein großes, kräftiges Kaninchen sehen. Schwarze Musterung, mit hellem Bauch. Sein Anblick jagt mir eine Heidenangst ein, es mag gut und gerne doppelt so groß sein wie ich. Fast schon wie ein Hase. Es muss ihr Oberkaninchen sein. Anhand der Ausdrücke in den Gesichtern der anderen Kaninchen, vermutlich alles Owsla, präge ich mir die Art des Respektes ein, die sie ihm entgegenbringen, um nicht noch weiteren Ärger zu bekommen. Ich setze mich auf meine Hinterläufe und warte gespannt, was nun passiert.

»Gefangener«, beginnt er, »du weißt sicher, weshalb du hier bist, nicht wahr?«, fragt er, mit ernstem Gesichtsausdruck und einem leichtem Knurren in der Stimme. »Es tut mir Leid, das weiß ich nicht«, antworte ich. »Ich erwachte auf einer Wiese, folgte dem Geruch von Kaninchen, und wurde darauf hin gefangen genommen und hierher gebracht. Efrafa, richtig? Ich-ich«, stottere ich, »ich weiß nicht einmal wer ich bin. Ich weiß gar nichts mehr«. Seine erhabene Erscheinung verursacht in mir eine gewisse Unruhe. Das Knurren wird nun lauter und aggressiver vom Oberkaninchen. »Halte mich nicht zum Narren! Wer bist du?«, hallt es laut von den Wänden nieder, und ein gleißend heller Blitz zieht sich einmal quer durch mein Blickfeld. »LEO!«, schreit eine verzweifelte Stimme, unmöglich, das Geschlecht auszumachen, und es dröhnt heftigst in meinem Schädel, als würde er gleich platzen. Ich halte mir den Kopf und gehe zu Boden, drücke mich feste gegen ihn, damit es aufhört. »L-Leo…«, wimmere ich leise, »Leo ist mein Name.« Tuscheln macht sich bemerkbar und dringt an meine Ohren. Erst jetzt bemerke ich einen Außenring an den im Schatten versteckt, einige Kaninchen zu sitzen scheinen, die mich, uns, beobachten. Es verstärkt nur diese beklemmende Stimmung. Ich setze mich wieder auf und blicke empor.
»Leo?«, fragt das Oberkaninchen, worauf ich nicke. »Es geht doch«, klingt er zufriedener, »du gehörst sicher zu der Gruppe Kaninchen die letztens hier war, nicht? Wo ist euer Gehege, verrat es mir sofort!«, seine Stimme wird lauter. Es wird still im Bau, nicht ein Geräusch ist zu hören, außer das leise Grollen des Donners, das bis hier herunter zu hören ist. Mein Herzschlag beschleunigt sich. »Das weiß ich nicht, es tut mir Leid, ich erwachte alleine auf der Wiese. Niemand war bei mir, ich bin alleine«, antworte ich ihm. »Das ist alles, das ist die Wahrheit.« »Du sagst mir unverzüglich, wo euer Gehege ist, Leo, ansonsten…«, er verstummt und hebt die Pfote. Es scheint, als wäre ihm in diesem Moment eine Idee gekommen. Er hebt die rechte Pfote und das Kaninchen zu meiner linken blickt zu ihm herauf. »Gebt ihm das Zeichen der Hraffla, und dann bringt ihn hinunter. In den schwarzen Bau. Wir werden es schon bald wissen, ganz gleich, ob du es willst, oder nicht. Lügen werden hart bestraft in Efrafa.«

Das Kaninchen, mit Blick zum Oberkaninchen erwidert nur »Jawohl, General Woundworth«, und schlägt mir mit voller Wucht gegen den Nacken, und reißt eine Furche mit seinen Krallen hinein, welche leicht zu bluten beginnt. Drei Streifen entstehen hierdurch. »Damit wird dich nun jeder erkennen, dass du keiner von uns bist, Fremdling.«, grinst Woundworth fies und nickt dann. Die Wunde brennt höllisch.
Ich weiß gar nicht, wie mir geschieht, da schubst mich dasselbe Kaninchen auch wieder auf die Vorderläufe und die zwei scheuchen mich heraus. Ich kann nur noch erkennen, wie der General sich zu einem Kaninchen zu seiner linken wendet und zu sprechen beginnt. Einen Gang direkt in der Halle, geht es tief unter die Erde. Ohne ein Wort zu verlieren lasse ich sie mit mir gewähren. Der Geruch wird immer unangenehmer, und brennt teilweise in der Nase. Es riecht wie eine Krankheit. Wie Tod. Es gefällt mir hier ganz und gar nicht, als sich mir das Nackenfell ungewollt sogar sträubt. Vor einem Eingang zu einer Höhle überholt mich der Rammler zu meiner rechten stehen, um mir den Weg abzuschneiden, womit mir nur noch der Weg hinein bleibt. Der Bock zu meiner linken lacht leicht hämisch seinem Kollegen zu. Ich stelle mich auf die Hinterläufe und sehe in den dunklen Bau hinein, aus dem eine unerklärliche Kälte zu kommen scheint. Plötzlich merke ich einen Tritt im Rücken, der mich in den Bau hinein katapultiert und mich auf dem Bauch inmitten dessen landen lässt. Bösartiges Lachen schallt von den beiden Owslas von außen hinein: »Willkommen in Efrafa, Mistbock.«
Kapitel 1: Willkommen in Efrafa

Gastauftritte:
Black (c) Nesuki :)
Ich weiß leider nicht mehr, wie die Verlinkung ging, sorrüüü! xD
© 2015 - 2024 Leo-rah
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